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Nina Schedlmayer

Georg Salner, Das Goldalphabet (Buchbesprechung)


Trashig bis auratisch

Das gezielte Sammeln von Dingen, um sie in die eigenen Kunstwerke einzubeziehen, ist eine beliebte und bewährte Strategie von KünstlerInnen spätestens seit der historischen Avantgarde. So kritisierte Marcel Broodthaers etwa mit seinem zunächst in seiner eigenen Wohnung eingerichteten Musée d´Art Moderne, Département des Aigles die Institution Museum. Der Witz an seinem "Adlermuseum" war, dass hier alle möglichen Erscheinungsformen des Adlers, sei es als ausgestopftes Tier, als Briefmarkenmotiv oder als Warenmarke, versammelt wurden, unabhängig von Wert oder Aussage. So entstand gleichzeitig eine kulturhistorische Adler-Typologie.

Ähnliches gelingt nun Georg Salner mit seinem "Goldalphabet": Ein Großteil seiner im Triton Verlag erschienenen Publikation, die sich mit ihrem eher beige als goldenen Umschlag alles andere als glamourös gibt, besteht aus 27 Tafeln, die wie ein Bilderatlas alphabetisch Worte versammeln und mit Zeitungsausschnitten, Fotos oder Werbungen in einer schönen graphischen Ausarbeitung versehen. Es stellt sich heraus, dass ein Großteil der mit Gold assoziierten Begrifflichkeiten mit meistens recht trashig beworbenen Produkten zu tun hat: Kaffee, Unterwäsche, Fotozubehör, Privatpension. In seinem einleitenden Aufsatz stellt Georg Salner die Mutmaßung an, dass die Aura des Goldes daher rührt, dass sein "metallischer Glanz als ein irdisch-materielles Äquivalent zur kosmischen Lichtquelle Sonne" wahrgenommen wird, selbst heute ein Mechanismus, dem sich die Gesellschaft nicht entziehen kann. Neben seinem Bildatlas listet Georg Salner Popsongs auf, die mit Gold zu tun haben, sowie von Dichtern kreierte Wörter und Begriffe - es verwundert wenig, dass hier mit Oscar Wilde der Dandy schlechthin ziemlich überrepräsentiert ist.

Weniger eine simple Aufzählung, sondern eher eine kritische Zusammenschau ist dieser schnörkellose Bildatlas mit einem scharfsinnigen Aufsatz von Hannes Berger, der den Antagonismus zwischen der New Economy des ausgehenden 20. Jahrhunderts und der Sehnsucht nach der traditionellen Wertanlage Gold als kommunizierende Gefäße zum Ausdruck bringt.

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