back

@bbrevi@tions


2001, 20 Tafeln a 14,5 cm Breite, 3 cm Tiefe, 50,5 bis 120 cm Längen, gesamt 1648,5 cm
Acryl und Firnis auf Holz, Hängung variabel

Digital und Idigital ist die typografische Bezeichnung der Schrift, die das inhaltliche Programm dieser Serie von installativen Tafeln trägt. (Idigital, auch Digital Italic ist die Kursivform). Die Auswahl der Schrift erfolgte zu einem Zeitpunkt, wo mir deren Name noch nicht bekannt ist. Dieser schöne Zufall bindet also die Schrifttype im Nachhinein auch auf dieser Ebene kohärent in das Spiel mit Versatzstücken computerbezogener Ästhetik und Inhalte ein. Die Art der Gestaltung der länglichen Tafeln ist wieder von den pseudo-dreidimensionalen Rechteckformen bldschirmgenerierter Grafik, wie sie häufig auch für Schriftgestaltungen angewendet wird, angeregt. Die in diesem Fall angewendeten Abschrägungen und Rundungen korrespondieren mit den Merkmalen der Typografie und waren der Grund für ihre Wahl.

Was eine formale Einheit ist, ist auch eine inhaltliche:
Bei den hier konzentriert eingesetzten Schriftelementen handelt es sich Versatzstücke aus dem Internet. Es sind (umgangssprachliche) Phrasen, Worthülsen, Sprachformeln, Gemeinplätze oder Stehsätze mit Ihren vorangestellten (teils lautmalerischen) Abkürzungen aus den Chat-Rooms. Diese wurden schon 1995 in einer Zeitschrift publiziert, haben aber ihre Aktualität bewahrt. Sie und andere Abkürzungen sind der codierte Negativabdruck einer sehr spezifischen, absolut jetztzeitigen Kommunikationsform, die verschriftlicht und deshalb besonders auf Abkürzungen angewiesen ist. Abkürzungen sind an und für sich ein altes und populäres Phänomen vieler (möglicherweise technokratischer) Kulturen (von SPQR bis SOS und WWW...), die komplexe, gehäufte und zusammenhängende Anwendung ist jedoch neu. Sie charakterisiert eine "Gesprächsform", wie sie nur von einer kleinen privilegierten Minderheit, der dieses Kommunikationsmedium - im globalen Kontext gesehen - zugänglich ist, praktiziert und verstanden werden kann.

Die Paradoxie entsteht nun offensichtlich dadurch, dass diese häufig auch außerhalb des englischsprachigen Zusammenhangs gebrauchten, unabdingbaren Abkürzungen, die eigentlich der Beschleunigung der schriftlichen Umsetzung einer weitestgehend trivialen "Sprachanwendung" dienen, nun als Objekte der Kunst auftauchen:
In umständlicher und langwieriger Weise werden die Dialogfüllsel vergrößert, gestaltet und farblich signalhaft verstärkt. Es wird ihnen großer Raum gegeben. In gewisser Weise stellen sie zwar immer noch das Phänomen dar, aus dem sie gekommen sind, aber sie entfalten in ihrem isolierten Dasein Eigenleben, zugegeben ein absurdes. Für diese Wirkung ist nicht zuletzt auch die Aufbereitung in Form von Abkürzung plus angehängter Erklärung maßgeblich. Diese bildnerische Aufbereitung wirft in ihrer Gesamtheit ein Schlaglicht auf ein Segment amerikanisch geprägter globaler (Jugend-)Trivialkultur. Gleichzeitig erhält jede dargestellte Position eine ihr gemäße, mehrdeutige Eigenwertigkeit.


@bbrevi@tions
AAMOF As A Matter Of Fact
AFAIK As Far As I Know
BFN Bye For Now
CU See You
EOD End Of Discussion
GOK God Only Knows
HSIK How Should I Know
IAC In Any Case
IANAL I Am Not A Lawyer
IOW In Other Words
LOL Laughing Out Loud
NBD No Big Deal
NFW No Fucking Way
NRN No Reply Necessary
OIC Oh I See
OTL Out To Lunch
PITA Pain In The Ass
PMFJI Pardon Me For Jumping In
ROFL Rolling On Floor Laughing
THX Thanks

back | top