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FLACHWARENRAUM DELUXE


„extradimensionen“ – eine Ausstellung in der Galerie Strickner

Gesche Heumann
artmagazine

FLACHWARENRAUM DELUXE

An den Rändern der Informationen, die das alltägliche Leben prägen, existieren viele Dinge und Zeichen nebensächlich, nachdem sie entworfen und für ihren funktionalen Zusammenhang so gut und brauchbar gestylt worden sind, dass sie der Aufmerksamkeit entgehen. Eine Malerei, die dem Anschein des realen Nebensächlichen eine eigene Realität erfindet, befindet sich sicher im Sattel dessen, was früher avantgardistisch hieß und heute vielleicht nachhaltig vorausblickend heißen könnte. So etwas an der eigenen Pupille zu erleben, ist eine feine Sache: wer die Ausstellung von Georg Salner gesehen hat, kann im Gedächtnisfach ein neues Stübchen für eine eigenwillige und der Malerei zuträgliche Optik möblieren.

Zwei Arten der räumlichen Wirksamkeit jener neben-den-Dingen-existierenden Welt werden präsentiert. 16 Bilder aus der 36 umfassenden, in zwei Jahren erarbeiteten Reihe „typo.log 36 EXP“  erscheinen wie unaufdringliche, aber großzügige Botschaften, deren Grandezza nicht nur durch eine durchgehend warme Farbigkeit, sondern auch durch das augenzwinkernde Geheimnis ihres Inhalts hergestellt wird. Außerdem sind sie angenehm und gut mit Öl auf Leinwand gemalt; keine Kante ist abgeklebt, aber keine sieht hartnäckig erfummelt aus. Der sorgfältig erarbeiteten materiellen Präsenz auf der gesamten Oberfläche  der 180 x 130 großen Tafeln entspricht die subtil gesättigte Farbgebung. Alles, was Pracht und Potenz signalisiert, rote, gelbe, hautfarbene, beige-goldene Lichter in Kombination mit grauen und schwarzen Tönen, ist im Farbkörper präsent, ohne jedoch in grelle Kontraste wie beispielsweise von Pop- oder Kitschstimmungen auszubrechen.

Das in den Bildern Gezeigte entstand aufgrund von Kompositionszeichnungen, in denen Georg Salner sich graphischer Randerscheinungsgestaltung bediente und Strichcodes, Tastaturgraphen, Logos, Buchstaben und Kartographien verwertete. Ihre designte Ausstrahlung erinnert an vieles, aber nichts spezielles. Man gewinnt in einnehmender Ästhetik einen Blick auf das visuelle Neben-Rauschen.

Der Eindruck vertieft sich aus anderer Perspektive bei der Assemblage „E/O/S“, in der sich massiv viel industriell Produziertes auf einer Fläche von 200 x 300cm akkumuliert. Die mit dem Titel der Arbeit möglicherweise angedeutete griechische Göttin der Morgenröte könnte  als die übergreifende Färbigkeit aufgefasst werden, die die disparate Verschiedenheit der nebeneinander gelegten Gegenstände in einen eigenen Zusammenhang bindet. Das Arrangement selbst verrät außer völliger Staubfreiheit vor allen Dingen, dass Supermärkte erstaunlich spießige Ordnungsvereine sind. Es wirkt sensationell angenehm anders, Vereinigungen von Dingen aufgrund malerischer Prinzipien anzusehen.

Georg Salner ist es gelungen, seine visuelle Neugier in einer spezifischen eigenen Malerei so sichtbar zu machen, dass „extradimensionen“ halten, was das Wort verspricht.
Gesche Heumann

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